Super-Sphere und Polyeder

Die Supersphere ist die algebraische Fläche, die als Spezialfall des Super-Ellipsoids mit der Gleichung

entsteht, wenn in dieser a = b = c = r gesetzt wird:

(s. dazu auch bei Super-Ellipsoid und Piet Hein Super-Ei). Für p ergeben sich folgende Formen:

 

Super-Sphere p=1

p = 1:  Oktaeder

Super-Sphere p=2

p = 2:  Kugel

Super-Sphere p=6

p = 6

Super-Sphere p=∞

p = ∞:  Würfel


Bei einer Internet-Recherche zu Anwendungen für die Super-Sphere stieß ich auf Arbeiten von Susumu Onaka auf dem Gebiet der Materialwissenschaft und Werkstofftechnik [1], [2]. Dort spielen "Precipitate" (Ausfällungen, Nano-Partikel) innerhalb eines metallischen oder keramischen Materials eine wichtige Rolle, da sie die mechanischen Eigenschaften des Materials erheblich beeinflussen. So können sie beispielsweise dessen Festigkeit und Härte erhöhen und somit z.B. die plastische Verformung des Materials erschweren.

 

Derartige Precipitate, kleine kristalline Partikel, haben häufig nahezu polyedrische Formen aus Flächen mit niedrigem Miller-Index ({110}, {111}, {110}) [3], [4] und mit mehr oder weniger abgerundeten Kanten. Für Analysen bezüglich der Eigenschaften und Einflussnahme von Precipitaten auf Materialeigenschaften (z.B. bei [5], [6]) soll für diese Partikel ein einfaches und effizientes mathematisches Modell erstellt werden.

 

Onaka erweitert dazu die Definition einer Super-Sphere, d.h. ihre implizite Gleichung:

 

Damit ergeben sich die folgenden Formen:

Hexaeder (p→∞)

p = 4, 100

Miller'scher Index = {100}

Oktaeder (p→∞)

p = 4, 100

Miller'scher Index = {111}
(die Flächen schneiden die drei Raumachsen im gleichen Abstand)

Rhombendodekaeder (p→∞)

p = 8, 100

Miller'scher Index ={110}
(
jede Fläche schneidet zwei der drei Raumachsen in gleichem Abstand)


Mit der Gleichung

entstehen Mischformen aus den Grundformen Hexaeder, Oktaeder und Rhombendodekaeder. Hierbei bestimmen die Parameter a und b die jeweiligen Anteile der kristallografischen Flächen {100}, {111}, {110} und der Parameter p die "Abrundung" der Polyederkanten ("Polyhedrality"). Mit p→∞ entstehen "echte" geometrische Polyeder, wie z.B. die folgenden:

Kuboktaeder

Kuboktaeder

a = 0.5, b = 0.25

abgestumpfter Rhombendodekaeder

abgestumpfter Rhombendodekaeder

a = 0.25, b = 0.75

abgestumpfter Oktaeder

abgestumpfter Oktaeder

a = 1, b = 1.2

Rhombenkuboktaeder

Rhombenkuboktaeder

a = 1/(2√2-1), b = 1/√2


(Hinweis: Die Farbgebung für die Polyeder soll auf die jeweilige Mischung aus den drei Grundformen/-farben im folgenden Diagramm hinweisen.)

 

Den Einfluss der Parameter a und b auf die entstehende Form des Polyeders zeigt für p→∞ das folgende Diagramm. Dabei entstehen im Viereck [ABCD] Mischformen mit verschiedenen Anteilen der kristallographischen Flächen.

 

Einfluss von a, b auf den erzeugten Polyeder


Ergänzung

Für zwei weitere Polyeder, Tetraeder und regulärer Dodekaeder, habe ich die implizite Gleichung der Supersphere (s. Anfang dieser Seite) so erweitert, dass mittels dem Parameter p die Abrundung dieser beiden Polyeder ("Polyhedrality") bestimmt werden kann:

Tetraeder (p→∞)

p = 3, 100

 

 

Dodekaeder (p→∞)

p = 8, 100

Φ = (1+5) / 2

 



Quellenverweise

 

[1]   S. Onaka (2012) Superspheres: Intermediate Shapes between Spheres and Polyhedra,
       Symmetry 2012, 4, S. 336-343, doi:10.3390/sym4030336

[2]   S. Onaka (2016) Extended Superspheres for Shape Approximation of Near Polyhedral Nanoparticles 

       and a Measure of the Degree of Polyhedrality, Nanomaterials 2016, 6, 27, doi:10.3390/nano6020027

[3]   https://de.wikipedia.org/wiki/Millersche_Indizes 

[4]   D. Perkins (2022) Mineralogy, Kap. 11.12: Crystal Forms and the Miller Index

[5]   T. Miyazawa, M. Aratake, S. Onaka (2012) Superspherical-shape approximation to describe the
       morphology of small crystalline particles having near-polyhedral shapes with round edges
, J. Math.
       Chem.
2012, 50, S. 249–260, DOI:10.1007/s10910-011-9909-1

[6]   S. Onaka (2008), Geometrical analysis of near polyhedral shapes with round edges in small crystalline

       particles or precipitates, J. Mat. Sci. 2008, 43, S. 2680–2685, DOI:10.1007/s10853-007-2439-3